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Weichen stellen für eine sozial-ökologische Transformation

Sozial, wirtschaftlich und ökologisch ist die aktuelle Situation unumstritten eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Gleichzeitig ist sie eine Chance, die Weichen neu zu stellen. Umfangreiche Subventionsprogramme werden geschaffen, um die Wirtschaft anzukurbeln und die negativen Folgen der Pandemie abzufedern. Die unterschiedlichen Lobbygruppen stehen bereit: mit Vorschlägen, Empfehlungen und Forderungen an die Bundesregierung. „Jede Krise ist auch eine Chance für Veränderungen“, so Vorstand Dr. Niels Kohlschütter. „Wir, die Schweisfurth Stiftung, sehen uns als Brückenbauerin zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik für eine sozial-ökologische Transformation.“

Forderungen an die Regierungen

Die Schweisfurth Stiftung fordert mit vielen anderen zusammen eine Transformation und ist selbst Mitzeichnerin des Papiers „Die EU zukunftsfähig machen: Forderungen der deutschen Umweltverbände an die Ratspräsidentschaft“ des DNR. Das Konjunkturprogramm der Koalitionsgipfels ist ein erster Schritt in die richtige Richtung – nun kommt es auf die Umsetzung an.
Um einen kleinen Eindruck zu bekommen, welche Möglichkeiten es aktuell zum Mitmachen gibt und wo etwas passiert: hier ein Ausschnitt der aktuellen Forderungen und Petitionen rund um die Nachhaltigkeit.

Rat für nachhaltige Entwicklung und World Future Council: Für eine zukunftsfähige Wirtschaft und Gesellschaft

„Kein frisches Geld für alte Ideen“ fordert Dr. Werner Schnappauf, Vorsitzender des Rats für nachhaltige Entwicklung. Acht Empfehlungen hat der Rat dem Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben Prof. Helge Braun vorgestellt. Denn die Krise müsse als Chance zur Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft gesehen und genutzt werden. Auch der World Future Council fordert in einem Brief die Staats- und Regierungschefs auf: „build back better“ – für einen „besseren Wiederaufbau“ – und drängt auf den Aufbau einer international wirksamen Organisation, die gemeinsames Handeln und „Verantwortung im Interesse heutiger und künftiger Generationen“ gewährleisten kann (Hier geht es zur deutschen Zusammenfassung des Briefes.) Mitzeichner sind u.a. Prof. Dr. Maja Göpel (Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen), Prof. Vandana Shiva (Aktivistin), Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker (Umweltwissenschaftler) sowie Vorstandsvorsitzender der Schweisfurth Stiftung Prof. Franz-Theo Gottwald.

Die Transformateure & Greenpeace: Leitlinie, grüner Wirtschaftsplan und mehr

Eine weltoffene und sozial-ökologische Transformation als Leitlinie für Investitionsprogramme für eine lebenswerte Zukunft fordern die Transformateure. Zu ihnen gehören u.a. Prof. Dr. Irmi Seidl, (WSL Zürich) und Prof. Dr. Hubert Weiger (RNE, BUND Bayern). Sie schlagen ein Programm vor, das auf „Verstetigung“ angelegt ist, da es in der Vergangenheit zwar oft herausragende Einzelprojekte gab, „aber kein konsequentes Umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit“. Greenpeace sieht den Wendepunkt für einen grünen Wirtschaftsplan. Ein Brief an die Kanzlerin mit Aufruf zu einem Neustart kann hier unterzeichnet werden.

Neues Wirtschaftswunder: Die „historische Chance“ nutzen

Ein offener Brief an die Bundesregierung ist auf der Website der Allianz Neues Wirtschaftswunder für eine sozial-ökologische Transformation zu finden. Ziel ist es, die „langfristigen Zukunftsherausforderungen jetzt als Zivilgesellschaft“ mitzugestalten: konkret bedeutet dies, die „natürlichen Grenzen unseres Planeten anzuerkennen und endlich in Einklang mit einem zukunftsgerichteten, dem Gemeinwohl dienenden, Wirtschaftssystem zu bringen.“ Zu den ErstunterzeichnerInnen des Briefs gehören die Organisationen B.A.U.M., DNR, Forum nachhaltiges Wirtschaften, Gemeinwohlökonomie, GLS Bank, Unternehmensgrün u.v.m.

Wolfgang Staab-Naturschutzpreis 2019: Jetzt bewerben!

Flussbegleitende Auenlandschaften zählen zu den vielfältigsten und artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Darüber hinaus spielen sie bei der Rückhaltung von Hochwasser und der Abpufferung von Trockenheit, bei der Selbstreinigung der Flüsse, bei der Anreicherung und Reinigung des Grundwassers sowie als Biokorridore in der Landschaft eine herausragende Rolle; sie bilden mit den Flüssen eine untrennbare, ökologische Einheit. Heiße und trockene Sommer, wie sie vermehrt auftreten, setzen der Gewässerökologie stark zu. Die Wasserpegel sinken, der Sauerstoff reduziert sich, die Wassertemperatur steigt und es bilden sich vermehrt Algen. Die Folge: Flussbetten, wie beispielsweise das der Schwarzen Elster in Brandenburg, trocknen streckenweise aus und Fische sowie andere Wasserbewohner sterben.

Um auf diese und andere Probleme wie der Verbauung, Kanalisierung, dem Abbau von Kiesen und Sanden sowie den Bau immer neuer Wasserkraftwerke aufmerksam zu machen und den Schutz von Flüssen und Auen zu fördern, vergibt die Schweisfurth Stiftung mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzfonds bereits zum vierten Mal den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung in Fluss- und Auenlandschaften.

Leben für den Naturschutz

Der Preis ist benannt nach Wolfgang Staab (1938-2004). In Worms am Rhein geboren und aufgewachsen machte er sich an der Spitze des BUND-Landesverbandes Rheinland-Pfalz einen Namen als außergewöhnlich engagierter und erfolgreicher Anwalt der Natur. Er kam 2004 bei einem Autounfall ums Leben. Seine Witwe Dr. Dorette Staab ist Stifterin des Preises und ist neben Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung, und Prof. Dr. Emil Dister, langjähriger Leiter des Aueninstituts in Rastatt, Mitglied der dreiköpfigen Jury.

Hier finden Sie weiterführende Informationen und das aktuelle Faltblatt zu den PreisträgerInnen von 2015-2018.

Sie sind Flussschützer? Oder kennen jemanden aus Wissenschaft oder Umweltschutzarbeit, der sich in herausragender Weise für den Schutz von Fluss- & Auenlandschaften engagiert? Dann kontaktieren Sie uns mit Ihrer Bewerbung oder Nominierung!

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Gemeinsam Zukunft wachsen lassen – Die Agrarkonferenz des Bundesumweltministeriums

Wir brauchen einen Gesellschaftsvertrag für eine zukunftsfähige Landwirtschaft

Ein Gastbeitrag von Dr. Tanja Busse, Kuratorin der Schweisfurth Stiftung.

Die Zeit ist reif für einen Gesellschaftsvertrag, der allen Bedürfnissen an eine gute zukunftsfähige Landwirtschaft Rechnung trägt: Die Agrarpolitik muss in Zukunft sicherstellen, dass Artenvielfalt, Boden, Klima und Wasser geschützt werden. Aber auch die Tiere in den Ställen. Und die Landwirte. Die brauchen endlich faire Preise für ihre Arbeit. Zur Zeit müssen sie zusehen, wie ihre Erzeugnisse zu Billigpreisen aufgekauft und verscherbelt werden. Und wie die Reste obendrein im globalen Süden Märkte kaputtmachen. Die neue Agrarpolitik muss aber auch für gesundes Essen sorgen. Mediziner warnen vor ernährungsbedingten Krankheiten – mitten im Überfluss. Wir essen zu fett, zu süß, zu salzig. Besser wäre es, das Lebensmittelhandwerk zu stärken, oder die frischen Produkte direkt vom Hof auf den Tisch zu liefern. Auch die Forschung müsste sich dazu ändern und ganze Ökosysteme in den Blick nehmen.

Wir haben es satt vs. wir machen euch satt

In den letzten Jahren ist über die Landwirtschaft und ihre Auswirkungen so viel gestritten worden, dass die Fronten völlig verhärtet sind: Tierschützer gegen Massentierhalter, Veganer gegen Fleischesser, Pestizide gegen biologischen Pflanzenschutz, konventionelle Landwirte gegen NGOs… Sogar die alljährliche „Wir haben es satt“-Demo von Umwelt- und Tierschützern und Bauern hat eine Gegenbewegung bekommen von Landwirten, die sagen: „Wir machen euch satt“ (und jetzt hört mal auf zu meckern).

Ein neuer Vertrag aller Beteiligten als Lösung

Das Bundesumweltministerium hat deshalb eine Idee von Prof. Peter Feindt aufgegriffen, der im Forschungsprojekt ZA-NExUS zusammen mit anderen Agrarwissenschaftlern nach Lösungen aus der Dauerkrise gesucht hatte: eben einen Gesellschaftsvertrag, der BürgerInnen und Landwirte und alle wichtigen Stakeholder in einem fairen Prozess aushandeln lässt, wie die Agrarpolitik in Zukunft gestaltet werden soll. Diese Idee hat das Ministerium am 16. Januar 2018 in Berlin vorgestellt und mit Politikern, Wissenschaftlern, Beamten, NGOs, engagierten Bürgern und Landwirten aller Richtungen diskutiert. Benedikt Haerlin von der Zukunftsstiftung Landwirtschaft hat eine Enquetekommission im Bundestag ins Gespräch gebracht, die gleiche Idee hatte Maria Flachsbarth, CDU-Mitglied und Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium von Christian Schmidt. Robert Habeck, Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein will lieber schnelle Erfolge mit konkreten Änderungen.

Schön-dass-wir-geredet-haben

Landwirtschaft, Ernährung, Erzeugerpreise – das alles muss sich ändern, so viel ist klar. Nur wie, das weiß noch keiner: Wie stellt man sicher, dass aus dem Gesellschaftsvertrag mehr resultiert als Schön-dass-wir-geredet-haben? Und wie verhält sich ein Gesellschaftsvertrag zu Beschlüssen des Bundestags? Wäre dann die bewährte Form der Enquetekommission nicht besser, um alle Experten an einen Tisch zu bringen? Aber Gesellschaft – das soll ja viel mehr sein als Experten! Und wie werden die Verlierer des Prozesses reagieren? Was, wenn wirklich keine Ackerchemikalien mehr gebraucht würden…

Schwer zu sagen, so lange es an einer Regierung fehlt, die diesen Gesellschaftsvertrag auf den Weg bringen kann. Aber die Voraussetzungen sind gut: Denn im Kleinen funktioniert es längst – Solidarische Landwirtschaft, Ernährungsräte, Regionalwert AGs, das alles sind Gesellschaftsverträge zwischen Landwirtinnen und Konsumentinnen auf der Mikroebene.


 

Dr. Tanja Busse, Autorin und Moderatorin, hat den Agrarkongress des Bundesumweltministeriums moderiert. Sie schreibt vor allem über Landwirtschaft, Konsum und Nachhaltigkeit. Zuletzt erschien ihr Buch „Die Wegwerfkuh“ über die Widersprüche der modernen Milchproduktion. Seit 2016 ist sie Mitglied im Kuratorium der Schweisfurth Stiftung.

Header-Foto: © Daniel Freymüller im Auftrag des BMUB

Wir kooperieren „für eine Agrarkultur, die diesen Namen wieder verdient“

Die Schweisfurth Stiftung im Interview mit Stephan Illi über die Entwicklungen im Ökolandbau, Transparenz und Kooperation als Schlüssel für die Zukunft, die Projekte wir-kooperieren und Kulturland Genossenschaft sowie Wünsche an die nächste Bundesregierung.

 

Herr Illi, Sie arbeiten seit 1993 mit landwirtschaftlichen Betrieben an der Umstellung und Weiterentwicklung hin zu einem ökologisch und sozial verantwortlichen Landbau. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Öko-Landbau ein? Befinden wir uns auf dem richtigen Weg?

Stephan Illi: Aus meiner Sicht ist ja ein Weg immer dann richtig, wenn man schaut wo er hinführt, daraus lernt und dann neu bewertet, ob das die richtige Richtung ist. Der Ökolandbau ist die nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Die Entwicklung ist aber die gleiche wie im konventionellen Landbau: die meisten Betriebe wachsen, spezialisieren sich, bauen Vielfalt ab und kleinere hören auf. Da im Hintergrund dieselben Marktmechanismen wirken, also z.B. Preisdruck aus internationalen Märkten, Intransparenz über die Herkunft der Waren und extreme Konkurrenz über den gesamten Wertschöpfungskreis, ist das ja irgendwie auch logisch.

Wo liegen die größten Hürden auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft?

SI: Eine große Hürde ist für mich die Intransparenz: Viele Verbraucher wissen fast nichts mehr über Landwirtschaft und lassen sich durch die schönen Bildchen der Werbung beeindrucken. Konsumenten wieder näher an die landwirtschaftliche Erzeugung heranzuführen sehe ich als eine sehr große Aufgabe von Menschen, die wirklich etwas verändern wollen. Außerdem müssen wir Kooperationsmodelle entwickeln, statt ewig an Konkurrenz zu denken. Wenn wir nicht lernen, auf allen Ebenen besser zusammenzuarbeiten, zum Wohl von Mensch und Natur, geht aus meiner Sicht die oben genannte Entwicklung einfach so weiter.

Die Schweisfurth Stiftung unterstützt seit 2014 das Projekt wir-kooperieren bei dem Sie Betriebsgemeinschaften beraten und Strategien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit entwickeln. Wie läuft das Projekt?

SI: wir-kooperieren ist ein spannendes Projekt, weil es eine gute Grundlage für Zusammenarbeit schafft. Es ist auf die Zusammenarbeit in Betriebsgemeinschaften auf Höfen ausgerichtet, aber auch auf alle anderen Arten der Kooperation übertragbar. Besonders schön ist, dass es von Höfen gut aufgegriffen wird, und auch einige Öko-Berater damit arbeiten.

Transparenz, Verständnis und Vertrauen aufbauen, das sind drei Schlagworte aus ihrem „Werkzeugkasten“ für eine harmonische Zusammenarbeit. Wie erreichen Sie das mit Ihren Projektpartnern?

SI: Als wichtig sehe ich das Bemühen, ehrlich und gemeinsam an den genannten Punkten zu arbeiten. Transparenz herzustellen braucht einerseits technische Voraussetzungen, also z.B. für alle zugängliche Daten und Dateien und andererseits methodische Voraussetzungen: Die Gemeinschaften sollten sich regelmäßig treffen und es dabei schaffen, auch über Unangenehmeres zu reden. Wir müssen lernen uns als Menschen mit Bedürfnissen, großen Potentialen und eben auch Schwächen wahrzunehmen. Wenn diese beiden Dinge gelingen, entsteht unserer Erfahrung nach Vertrauen.

Sind Netzwerkpartnerschaften erfolgreicher als „Einzelkämpfer“?

SI: Ganz sicher nicht grundsätzlich, denn wenn viel gestritten wird, kostet das unendlich viel Kraft. Aber das Potential von gemeinschaftlich verantworteten Betrieben und Netzwerkpartnerschaften ist größer, einfach weil man sich gegenseitig stärken, beraten und unterstützen kann und, wenn das gelingt, nachhaltigere Entscheidungen trifft. Und das Zusammenarbeiten kann man zu einem guten Stück auch lernen – das ist ja die Idee hinter wir-kooperieren. Das bewusste sich Einlassen auf die Zusammenarbeit ist ein großes und sehr schönes Lernfeld, das man überall anwenden kann – sogar in der Beziehung zu seinem Lebenspartner und den Kindern.

Mit einem anderen Projekt Kulturland Genossenschaft organisieren sie Gemeinschaftseigentum an Grund und Boden für die bäuerlich geführte ökologische Landwirtschaft. Privatpersonen können z.B. für den Gegenwert von 5.000€ Genossenschaftsanteile kaufen und erwerben damit 2.000 m² Land, das wiederum von einem der neuen Höfe im Programm bewirtschaftet wird. Die Mitgliederzahl konnte im letzten Jahr verdoppelt werden, die Einlagen verdreifacht. Was ist Ihre Vision für dieses Projekt?

SI: Das Schöne an dem Projekt, bei dem die Schweisfurth Stiftung auch beteiligt ist,  besteht aus meiner Sicht darin, dass ein besserer Umgang mit den explodierenden Pacht- und Bodenpreisen möglich ist, wenn sich Konsumenten und Biobauern stärker vernetzen. Bürger mit etwas Geld auf dem Konto investieren einen Teil davon in die Landsicherung für Höfe, deren Arbeit sie unterstützenswert finden. Das ist ab 500 € möglich und nach oben unbegrenzt. Dabei kann das entstehen, was ich bereits vorhin angedeutet habe: Beziehung und eine Art Partnerschaft von Bürgern mit Landwirten. Je regionaler es stattfindet, umso besser. Modelle wie dieses sollten noch sehr stark verbreitet werden: Sie dienen den Bauern und den Bürgern, denn sie sichern das Land für Höfe und sind dabei eine durchaus sichere Geldanlage.
Die gemeinsame Sicherung von Land für regional eingebundene Biobauern ist eine der wichtigen Voraussetzungen, um eine neue Agrarkultur zu ermöglichen, die diesen Namen wieder verdient.

Die Bundestagswahl liegt gerade hinter uns, welches Gesetz wünschen Sie sich von der nächsten Bundesregierung?

SI: Ich könnte da ein ganzes Bündel von Gesetzen vorschlagen, bleibe aber mal beim Thema Transparenz. Wenn wir bei allem was wir einkaufen wüssten, wo und wie es entstanden ist, könnte sich nach und nach etwas verändern. Über das Internet wäre das doch leicht möglich, man müsste eben die passenden Methoden entwickeln. Ebenso dürften keine irreführenden Angaben und unzutreffenden Bilder gemacht werden. Und weiter gedacht: Wir Bürger müssten in alle notwendigen staatlichen Informationen, abgesehen von persönlichen Daten, einblicken können. Ist es nicht absolut verrückt, wenn die europäische Zulassungsbehörde zustimmt, dass Glyphosat [Anmerkung der Redaktion: Derzeit ist der Film Roundup, der Prozess online abrufbar] aufgrund geheim gehaltener, firmeneigener Untersuchungsergebnisse von Monsanto zugelassen werden kann? Wir öffnen damit Lobbyismus und Bestechlichkeit Tür und Tor und schaffen die totale Intransparenz! Ich denke, wenn man das Thema Transparenz durch entsprechende Gesetzgebung ernsthaft angeht und zudem mehr Volksabstimmungen in Bund und EU erlaubt, entsteht mehr Mündigkeit der Bürger und die Politikverdrossenheit geht zurück.
Ergebnis dieses Vorgehens wären mit hoher Wahrscheinlichkeit bessere, regionalere und vor allem nachhaltigere Produkte. Und ein wichtiger Schritt in Richtung Sicherung einer gutenLandwirtschaft sowie nachhaltigen Ernährungskultur, welche immer mehr Konsumenten wollen. Also alles Themen, für die sich auch die Schweisfurth Stiftung mit großer Kraft einsetzt.

Vielen Dank, Herr Illi!

 

Stephan Illi
ist Berater für Kooperationen und Organisationsentwicklung sowie Projektleiter von wir-kooperieren.org. Der studierte Agraringenieur war sieben Jahre lang geschäftsführender Vorstand im Demeter Bundesverband in Darmstadt. Zuvor war er 13 Jahre als Geschäftsführer der Demeter Milchbauerngemeinschaft und Demeter Erzeugerberater in Bayern mit dem Schwerpunkt Umstellungsberatung tätig. Er lebt in Prien am Chiemsee.

Mit Forschung und Musik im Einsatz für den Auenschutz

Am Freitag, 13. Oktober 2017, wurde in Rastatt bei Karlsruhe der mit 20.000 Euro dotierte Wolfgang Staab-Naturschutzpreis für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung in Fluss- und Auenlandschaften verliehen. Preisträger sind in diesem Jahr die zwei Umweltaktivisten und Naturschützer Nikolaus Geiler und Wolfgang E. A. Stoiber.

Naturschutz als Generationenprojekt

Nikolaus Geiler überzeugte die dreiköpfige Jury, bestehend aus der Stifterin des Preises, Dr. Dorette Staab, Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (Vorstand der Schweisfurth Stiftung) und Prof. Dr. Emil Dister (Aueninstitut am Karlsruher Institut für Technologie) mit seinem Engagement in Theorie und Praxis. Der Gewässer-Biologe ist Gründer der Aktion „Rettet den Rhein“ und ist damit maßgeblich daran beteiligt, dass heute wieder Lachse im Rhein schwimmen. Zusammen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) erstellte er zahlreiche Studien zum naturnahen Hochwasserrückhalt sowie zur Auenrevitalisierung. Außerdem ist er Herausgeber des BBU-WASSER-RUNDBRIEFES und Sprecher des Arbeitskreises Wasser des Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU). Jenseits des Schreibtisches setzt sich der Preisträger unter anderem aktiv für die Pflanzen- und Tierwelt an der Dreisam in Freiburg ein. Dabei ist es ihm ein Anliegen, die junge Generation im Rahmen von Projekten mit Schulklassen an den Gewässerschutz heranzuführen. Bei der regionalen Arbeit verliert Geiler jedoch die globale Dimension nicht aus dem Blick. „Wir müssen uns auch in der Gewässerschutzpolitik viel mehr Gedanken darüber machen, welche Verantwortung wir gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländer haben, wenn es um eine sozial und ökologisch akzeptable Produktion geht“.

Dr. Brigitte Dahlbender, Vorstandsvorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg des BUND würdigte Nikolaus Geiler in ihrer Laudatio für sein zielorientiertes Engagement: „Er legt den Finger in die Wunde, bringt die Gegenseite, aber auch seine Verbündeten zum Nachdenken und zeigt Wege auf, die richtige Lösung umzusetzen.“

Kulturprojekte für die Renaturierung der Weißen Elster

Den zweiten Preisträger Wolfgang E. A. Stoiber beschrieb Dr. Nils Franke, Sprecher der Regionalgruppe Sachsen des Bundesverbands Beruflicher Naturschutz e. V., in seiner Laudatio als „energiegeladen, ideenreich, teilweise völlig unorthodox, strategisch höchst geschickt und ehrenamtlich arbeitend bis zum Anschlag“. Der ehemalige Metzgermeister hat sich dem Naturschutz des Leipziger Auwalds und der weißen Elster verschrieben. Er ist Mitgründer und Vorsitzender des Vereins Naturschutz und Kunst Leipziger Auwald (NuKLA e.V.), der sich als Schnittstelle zwischen „Natur, Kultur, Ökologie und Ökonomie“ sieht. Das Hauptziel ist die Renaturierung der Weißen Elster zwischen Zeitz und Halle/Merseburg. Mit dem AULA-PROJEKT2030 soll eine beispielhafte Verbindung von integriertem Hochwasserschutz, Naturschutz und sanftem Tourismus geschaffen werden. Neben 37 Konzerten, die der Verein bereits organisiert hat, finden regelmäßig Aktivitäten im NuKLA Bildungswerk statt. In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule werden Umweltbildungskurse und Auwald-Exkursionen angeboten. Um den fachlichen Austausch zu unterstützen, fanden im Frühjahr 2017 erstmals das Auenökologiesymposium sowie die AULA-Citytagung statt.

„Privatpersonen, die Impulse geben, kritische Fragen stellen und die Rolle des Natur-und Umweltschutzes in der Konkurrenz um Ressourcen und Flächen immer wieder thematisieren sind wesentlich für die nachhaltige Entwicklung von Fluss- und Auenlandschaften“, ist  Prof. Franz-Theo Gottwald überzeugt. Große Freude hatten Jury und Gastgeber Prof. Dr. Florian Wittmann, seit 2016 Leiter des Rastätter Aueninstituts, deshalb mit dem steigenden Interesse der jüngeren Generationen am Naturschutzpreis.

Der Wolfgang Staab-Naturschutzpreis würdigt Verdienste um Fluss- und Auenschutz

Seit 2015 vergibt die Schweisfurth Stiftung den mit 20.000 Euro dotierten Preis in Kooperation mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzfonds an Personen, die sich besonders für den Fluss- und Auenschutz engagieren. Wolfgang Staab (1938-2004) machte sich als leidenschaftlicher Umweltschützer in Rheinland-Pfalz einen Namen. Als Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des BUND wirkte er viele Jahre sehr erfolgreich; später war er als Schatzmeister im BUND-Bundesverband tätig. Seine Witwe Dr. Dorette Staab richtete 2014 den Wolfgang Staab-Naturschutzfonds innerhalb der Schweisfurth Stiftung ein.

Mit der Verleihung des Wolfgang Staab-Preises 2017 beginnt zugleich die Bewerbungsfrist für die Preisvergabe 2018. Die Frist läuft bis zum 1. Dezember 2017. Weiterführende Informationen finden Sie hier.

Header-Foto (v.l.n.r.): Wolfgang E. A. Stoiber, Dr. Nils Franke, Dr. Dorette Staab, Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald, Nikolaus Geiler, Dr. Brigitte Dahlbender, Prof. Dr. Emil Dister

Im Gespräch mit Bundesminister Schmidt: „Ländliche Räume als Zukunftswerkstätten“

„Jeder 9. Arbeitsplatz in Deutschland hängt direkt oder indirekt mit der Land- und Ernährungswirtschaft zusammen. 90% der Verbraucher*innen erwarten, dass die Landwirtschaft Tierschutz besonders achtet. 83% der Verbraucher*innen haben nur ein geringes oder gar kein Vertrauen in die Aussagen und Bilder bestehender Verpackungen.“ – Diese und viele weitere interessante Fakten finden sich im Grünbuch Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Räume des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Neben Fakten bietet es aber vor allem viel Diskussionsstoff zur Zukunftsstrategie der deutschen Landwirtschaft.
Das Grünbuch ist deshalb auch Grundlage des ersten Interviews in der aktuellen Ausgabe des Magazins für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft Senate. Bundesminister Christian Schmidt spricht darin mit Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (in seiner Funktion als Leiter der Ernährungskommission des Senats der Wirtschaft) und Dr. Christoph Brüssel, Vorstand des Senats der Wirtschaft, über seine Visionen zur Entwicklung der ländlichen Räume.

„Tue Gutes und rede darüber und mache dich nicht kleiner als du bist“

Neben den Themen Klimawandel, Digitalisierung in der Landwirtschaft und Agrarpolitik betonte der Minister vor allem die notwendige Aufwertung der Berufe in der Landwirtschaft. Die geringe Anerkennung und Wertschätzung für die Agrarwirtschaft und das Lebensmittelhandwerk, aber besonders seitens der städtischen Mitbürger ist aktuell eine große Herausforderung. Fachkräftemangel in der Branche ist das Resultat. Vielen jungen Menschen ist der Arbeitsalltag in der Land- und Ernährungswirtschaft nicht bekannt und die Tätigkeiten in der Landwirtschaft sowie der ländliche Raum wirken unattraktiv. Christian Schmidt will deshalb den ländlichen Raum nicht allein als Ort der landwirtschaftlichen Produktion denken, sondern vernetzter und umfassender, und damit auch die Attraktivität erhöhen. Durch eine moderne technische Kommunikationsinfrastruktur sollen vielschichtige Erwerbs- und Ausbildungsmöglichkeiten entstehen und eine kluge Nutzung der zur Verfügung stehenden Flächen erreicht werden. Das Programm Kerniges Dorf des BMEL fördert hierzu zukunftsfähige Ideen und Konzepte. Auch der ökologische Landbau ist für junge Landwirte oftmals attraktiver als die Arbeit in konventionellen Betrieben. Der Bundesminister setzt in der Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau das Ziel „mittelfristig 20 Prozent der Flächen in Deutschland für den Ökolandbau zu nutzen“. Staatliche finanzielle Anreize sollen die Branche dabei unterstützen.

Wer trägt die Verantwortung?

Der Bundesminister betonte jedoch, dass alle Akteure im Staat ihre Verantwortung wahrnehmen müssen, um die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft zu sichern.  Beim Bund sieht er unter anderem die Aufgabe, verbrauchernahe Informationen zu Lebensmitteln, Ernährung und Landwirtschaft bereit zu stellen. Die Bundesländer müssen ihre Verantwortung für die Aufsicht, für den Vollzug der Hygiene- und Tierwohlregelung ernst nehmen. Und schließlich ist der Austausch und die Offenheit aller Bürger*innen essentiell: „Ich erwarte von der Gesellschaft, dass sie einen kritischen aber offenen Dialog mit der Landwirtschaft führt“.
Das vollständige Interview kann online hier nachgelesen werden.

Marken, Märkte, Manipulation

Was sind die Trends in der Nahrungsmittelindustrie? Wie ist die enorme Machtkonzentration in der Agrarwirtschaft entstanden? Wer kollaboriert oder kontrolliert, um noch mehr Profit aus der Produktion von Lebensmitteln zu schlagen? Der KONZERNATLAS 2017, publiziert von einem Konsortium zivilgesellschaftlicher Akteure, regt aktuell in Deutschland neue Debatten rund um die Agrar- und Lebensmittelindustrie an. Der Atlas ist eine Zusammenstellung von Zahlen und Fakten zur Agrarindustrie, ansprechend aufbereitet in zahlreichen Grafiken und mit umfassenden Hintergrundinformationen.
Wir haben für Sie in diesem Beitrag drei der zentralen Themen aufgegriffen und kurz zusammengefasst. Den vollständigen Bericht finden Sie hier.

Land wird ausverkauft

Lediglich vier Großkonzerne kontrollieren aktuell rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen. Unzählige Fusionen von Unternehmen führten in der Vergangenheit zu einer beispiellosen Machtkonzentration in der Hand weniger Akteure. Ihre enormen wirtschaftlichen Mittel ermöglichen es ihnen, immer weiter große Landflächen zu pachten oder zu erwerben. Die dort geschaffenen Monokulturen dienen einer Landwirtschaft, die immer weiter industrialisiert wird und Kleinbauern sowie mittelständische Unternehmen verdrängt.

Wasser wird privatisiert

Blaues Gold in privater Hand. Wasser ist für die Industrie ein begehrtes Gut und spielt insbesondere in der Nutztierhaltung, z.B. in Indien, eine essentielle Rolle. Die Öffentlichkeit erhält jedoch nur ein unvollständiges Bild davon, wie sich die Gewinnung, die Verschmutzung und der Export von Wasser auf Umwelt und Bevölkerung auswirken. Die zunehmende Privatisierung von Wasser in vielen Ländern nimmt den ansässigen Menschen das Recht auf die Nutzung einer lebenswichtigen Ressource. Außerdem ist die Qualität des Grundwassers durch den übermäßigen Einsatz von Düngemittel und Pestiziden in der landwirtschaftlichen Produktion stark gefährdet.

Lebewesen werden patentiert

Die Konzerne versprechen sich vom Einsatz patentierter, genetisch veränderter Pflanzen, noch höhere Erträge und bessere Versorgungssicherheit. Doch oft benötigen diese High-Tech-Pflanzen weitere Agrarchemie und spezielles Anbau- und Ernte-Know-how. Über beides können nur zahlungskräftige Bauern verfügen, was den Verlust kleinbäuerlicher Strukturen weiter beschleunigt.
Neben Pflanzen, werden auch Tiere optimiert und patentiert. In den großen „Tierfabriken“ werden Nutztiere zu Hochleistungsproduzenten, die möglichst viel des gewünschten mageren Fleisches „produzieren“ und gleichzeitig den Haltungsbedingungen bestmöglich entsprechen. Solange die Kosten für viele Konsumenten das wichtigste Kaufargument sind, wird diese Industrialisierung der Viehzucht voranschreiten und das Wohl der Tiere auf der Strecke bleiben.
Der Konzernatlas ist ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Oxfam Deutschland, Germanwatch und Le Monde diplomatique. Die Autoren haben damit aber nicht nur spannende Fakten gesammelt und Missstände offen gelegt, sondern werfen wichtige Fragen auf und regen zum Handeln an: Dient die Wirtschaft der Menschheit, oder die Menschen der Wirtschaft und dem Profit? Für Interessierte sind im letzten Kapitel einige Initiativen und Bewegungen angeführt, die sich für eine solidarische, umweltverträgliche Landwirtschaft einsetzen.

Wolfgang Staab-Naturschutzpreis 2017: Jetzt bewerben!

Noch bis zum 1. November 2016 können sich engagierte Umweltschützer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz für den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis bewerben oder Vorschläge einreichen.

Flüsse: Lebensadern in Gefahr

Flussbegleitende Auenlandschaften zählen zu den vielfältigsten und artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Darüber hinaus spielen sie bei der Rückhaltung von Hochwasser, bei der Selbstreinigung der Flüsse, bei der Anreicherung und Reinigung des Grundwassers sowie als Biokorridore in der Landschaft eine herausragende Rolle; sie bilden mit den Flüssen eine untrennbare, ökologische Einheit. Doch aufgrund massiver Verbauung, Kanalisierung, Abbau von Kiesen und Sanden sowie durch den Bau immer neuer Wasserkraftwerke finden sich kaum noch naturnahe und weitgehend intakte Fluss- und Auenlandschaften. Um auf diese Probleme aufmerksam zu machen und den Schutz von Flüssen und Auen zu fördern, vergibt der Wolfgang Staab-Naturschutzfonds in Kooperation mit der Schweisfurth Stiftung jährlich den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung in Fluss- und Auenlandschaften.

Leben für den Naturschutz

Der Preis ist benannt nach Wolfgang Staab (1938-2004). In Worms am Rhein geboren und aufgewachsen machte er sich an der Spitze des BUND-Landesverbandes Rheinland-Pfalz einen Namen als ungewöhnlich engagierter und erfolgreicher Anwalt der Natur. Er kam 2004 bei einem Autounfall ums Leben. Seine Witwe Dr. Dorette Staab ist Stifterin des mit 20.000 Euro dotierten Preises und ist neben Prof. Dr. Franz-Theo Gottwald (Vorstand der Schweisfurth Stiftung) und Prof. Dr. Emil Dister, langjähriger Leiter des WWF-Auen-Instituts in Rastatt, Mitglied der dreiköpfigen Jury.

Sind Sie Flussschützer? Oder kennen jemanden aus Wissenschaft oder Umweltschutzarbeit, der sich in herausragender Weise für den Schutz von Flüssen engagiert? Dann kontaktieren Sie uns!

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Das Leben an die Flüsse zurückbringen: Verleihung des Wolfgang Staab-Preises 2016

Lang wurde der Rhein als reine Wasserstraße für den Schiffsverkehr gesehen, seine Ufer wurden verbaut und die Auen zerstört. Das wollte Flussexperte Klaus Markgraf-Maué nie hinnehmen. Seit 20 Jahren widmet sich der studierte Biologe und Geograf bei der NABU-Naturschutzstation Niederrhein der Renaturierung ursprünglicher Auenlandschaften. Für seine Arbeit erhielt der Flussexperte am 10. Juni 2016 den diesjährigen Wolfgang Staab-Naturschutzpreis bei einem Festakt in den Räumen der Schweisfurth Stiftung in München.

Klaus Markgraf-Maue: Ein Pionier, der andere mitreißt
„Dass man am Rhein, an der meistbefahrenen Wasserstraße Deutschlands, Renaturierungsprojekte durchführen kann, ist nicht selbstverständlich“, betonte NABU-Präsident Olaf Tschimpke in seiner Laudatio auf den Preisträger. Die wachsende Bereitschaft der zuständigen Behörden, solche Vorhaben des NABU zuzulassen und zu unterstützen, verdanke man Pionieren wie Markgraf-Maué. Tschimpke würdigte den Flussexperten als mitreißenden Motivator, der es immer verstanden habe, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Seine Arbeit und seine „nie verkniffene, immer positive Art“ hätten dazu geführt, dass die Fluss- und Auenschutzprojekte wachsende Anerkennung fänden.

Der Rhein kann wieder mehr sein als eine Wasserstraße
Die Rede des Preisträgers Klaus Markgraf-Maué wurde geprägt von einem Blick auf zukünftige Projekte und Ziele. Trotz der wichtigen Rolle des Rheins als Verkehrsweg sei es möglich, ihn auch als wertvollen Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanzen zu erhalten und zu renaturieren. Gebremst werde dieser Prozess aber oft von bürokratischen Hürden, deren Abbau sich der Preisträger wünscht. „Viele lokale Projekte stoßen auf große Hindernisse in der Verwaltungsstruktur, die zu bewältigen uns viel Zeit und Geld kostet.“ Dass er sich von solchen Verzögerungen nicht entmutigen lässt, zeigt Markgraf-Maués erfolgreiche Arbeit in vielen Projekten, beispielsweise im Naturschutzgebiet Emmericher Ward am Niederrhein.

Preis würdigt Verdienste um Fluss- und Auenschutz
Seit 2015 vergibt die Schweisfurth-Stiftung den mit 20.000 Euro dotierten Preis in Kooperation mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzfonds an Personen, die sich besonders für den Fluss- und Auenschutz engagieren. Wolfgang Staab (1938-2004) machte sich als leidenschaftlicher Umweltschützer in Rheinland-Pfalz einen Namen. Als Vorsitzender des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des BUND wirkte er viele Jahre sehr erfolgreich; später war er als Schatzmeister im BUND-Bundesverband tätig. Seine Witwe Dr. Dorette Staab richtete 2014 den Wolfgang Staab-Naturschutzfonds innerhalb der Schweisfurth Stiftung ein.

Mit der Verleihung des Wolfgang Staab-Preises 2016 beginnt zugleich die Bewerbungsfrist für die Preisvergabe 2017. Sie läuft bis zum 1. Oktober 2016. Weiterführende Information können Interessenten unter info@schweisfurth-stiftung.de anfordern bzw. Vorschläge einreichen.

Mehr Informationen zum Thema Fluss- und Auenschutz finden Sie auf den Seiten der NABU Naturschutzstation Niederrhein und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung

Headerfoto (v.l.n.r.): Prof. Emil Dister (WWF Aueninstitut Rastatt), NABU-Präsident Olaf Tschimpke, Preisträger Klaus Margraf-Maué, Prof. FRanz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung

Von Experten lernen und mitdiskutieren: Das Münchner Forum Nachhaltigkeit

Ernährungssicherung, Umweltschutz, Klimawandel, Post-Wachstum, Mobilität, Fracking, Ressourcenschutz, Energiewende, Globalisierung – das Münchner Forum Nachhaltigkeit (MFN) bietet eine Informations- und Diskussionsplattform rund um aktuelle Nachhaltigkeitsthemen.
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Was genau passiert beim Fracking? Was sind Gemeingüter? Wie kann man seinen ökosozialen Anspruch auch im Alltag nachhaltig umsetzen? Das MFN sucht gemeinsam mit interessierten Gästen auch auf schwierige Fragen konkrete, praxistaugliche Antworten. Seit 2005 laden der Verein oekom e.V., die Selbach-Umwelt-Stiftung und die Schweisfurth Stiftung bis zu acht Mal im Jahr zu den Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen ein.


Expertinnen und Experten machen komplexe Themen zugänglich

Die Veranstaltungen sind meist schnell ausgebucht. Kein Wunder, denn die Referentinnen und Referenten sind hochkarätige Experten.Naturwissenschaftler und Politiker Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf Nahrung Prof. Dr. Jean Ziegler, Dr. Hans R. Herren, Co-Vorsitzender des Weltagrarberichts, Silke Helfrich, Gründerin des Commons-Instituts, Prof. Dr. Michael Braungart, Mitbegründer des Cradle-to-Cradle-Prinzips – das sind nur einige der Vortragenden, die in den vergangenen Jahren den Münchnern das Thema Nachhaltigkeit in seinen verschiedenen Ausprägungen näher gebracht haben.

Beliebte Veranstaltungsreihe mit starken Partnern
An unterschiedlichen Veranstaltungsorten wird eine breite Öffentlichkeit angesprochen: Rund 1.500 Gäste erreicht das MFN jährlich mit seiner Vortragsreihe. Begleitet von starken Kooperationspartnern wie der Die Umwelt-Akademie e.V., der Bürgerstiftung München, Green City e.V., der Hochschule für angewandte Wissenschaften München sowie der Ringvorlesung Umwelt der Studentischen Vertretung der TU München werden hier Fragen behandelt, die auf unsere Zukunft entscheidenden Einfluss haben werden.

Sie haben Interesse an dieser Veranstaltungsreihe? Alle Termine, Veranstaltungsinformationen und Anmeldemodalitäten finden Sie hier.
Ab sofort können Vorträge auch beim Youtube-Kanal des MFN abgerufen werden.

 

Kurz-gut

Projektname: Münchner Forum Nachhaltigkeit
Startschuss: 2005
Status: läuft
Wirkungskreis: lokal, regional
Zielgruppe: Interessierte an Themen rund um Nachhaltigkeit
Maßnahme: Mitveranstalter
Ansprechpartner: Dr. Manuel Schneider, oekom e.V.
Mehr unter: mfn-net.de

 

Kampagne gegen Ackergifte

Mehr als 45.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel landen jährlich auf deutschen Äckern. Für die Hersteller ein Milliardengeschäft: Weltweit betrug 2014 das Weltmarktvolumen für Pflanzenschutzmittel 56,7 Milliarden US-Dollar. Die Chemikalien sollen die angebauten Nutzpflanzen vor unerwünschten Unkräutern, Insekten, Pilzen und/oder Mikroorganismen schützen. Doch die Ausbringung dieser Ackergifte wirkt sich schädigend auf Böden, Gewässer, Tiere, Artenvielfalt und auf die menschliche Gesundheit aus. Die Aktion Ackergifte? Nein danke! der Bürgerinitiative Landwende kämpft für ein Verbot synthetischer Pflanzenschutzmittel und macht auf die vielfältigen Gefahren durch Pestizide aufmerksam.

Ein Anliegen, das auch der Vorstand der Schweisfurth Stiftung, Franz-Theo Gottwald, unterstützt:

„Das von der Agrarindustrie im Verein mit der Biotechnologie-, Chemie- und Pharmaindustrie aufgefahrene Vernichtungspotenzial ist inzwischen so gewaltig geworden, dass gute Chancen bestehen, unsere natürliche Mitwelt bis auf wenige, ständig schrumpfende Nischen zu vernichten.“

Ackergifte? Nein danke! vernetzt Umweltorganisationen und Akteure. Die Homepage informiert mit einem Newsticker über neueste Entwicklungen, Aktionen und Branchennachrichten. Eine Beratungsstelle hilft außerdem Menschen, die durch die negativen Folgen von Ackergiften direkt betroffen sind. Sie können sich direkt an die Schadensmeldestelle wenden.

Für die vielfältigen Aktionen werden laufend Mitstreiter gesucht, die sich an Aufklärungsarbeit, Aktionsplanung, Blogeinträgen oder der Auswertung von Studien beteiligen möchten.
Bei Interesse einfach melden unter: info@landwende.de

Weitere Informationen zum Thema Pestizide in der Luft finden Sie hier:

(c) whispert.de

Wolfgang Staab-Naturschutzpreis: Flüsse schützen – Leben schützen

Flüsse sind die Adern des Lebens. Sie versorgen ihre Umgebung mit Frischwasser und bieten einen vielfältigen Lebensraum für eine Fülle an Pflanzen und Tieren.

Flüsse spielen eine tragende Rolle bei der Regulierung des Klimas. Dennoch werden sie immer noch unzureichend vor Eingriffen geschützt. Flusslandschaften sind heute die am stärksten bedrohten Lebensräume überhaupt. Besonders leiden die Lebensadern unter dem Bau fortwährend neuer Wasserkraftwerke, die wie Geschwüre wuchern und die Landschaften für immer komplett verändern, teilweise sogar unfruchtbar machen.

Den Naturschatz bewahren

Der Wolfgang Staab-Naturschutzpreis wird aus Mitteln des Wolfgang Staab-Naturschutzfonds der Schweisfurth Stiftung gefördert. Um den Naturschatz der Flüsse und Auen weltweit zu bewahren, wird der mit 20.000 Euro dotierte Preis jährlich für besondere Leistungen zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung der Fluss- und Auenlandschaft vergeben.

Der Preis ist benannt nach Wolfgang Staab (1938-2004), der sich an der Spitze des BUND-Landesverbandes Rheinland-Pfalz einen Namen machte. „Wer etwas tut, hat Recht. Wer nichts tut, hat Unrecht“ war ein Leitspruch des kämpferischen Umweltschützers, der 2004 bei einem Autounfall ums Leben kam. Dr. Dorette Staab stiftete den Preis, der 2015 zum ersten Mal vergeben wurde.

Jury-Mitglieder sind Dr. Dorette Staab, Prof. Dr. Emil Dister (ehem. KIT-Aueninstituts in Rastatt), Dr. Niels Kohlschütter (Schweisfurth Stiftung) und Andreas Krug (Bundesamt für Naturschutz).

Herausragendes Engagement: Ulrich Eichelmann erhält Naturschutzpreis

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(von links nach rechts) Preisträger Ulrich Eichelmann, Dr. Dorette Staab, und Prof. Dr. Emil Dister (WWF-Aueninstitut)

Ulrich Eichelmann, Umweltaktivist, Filmemacher und Geschäftsführer der international tätigen NGO RiverWatch, wurde am 24. Juni 2015 in Rastatt als erster Preisträger mit dem Wolfgang Staab-Naturschutzpreis ausgezeichnet.

Eichelmann, geboren 1961 in Nordrhein-Westfalen, ist ein Kämpfer, der Dinge bewegen und Spuren hinterlassen will. Ein kreativer Stratege und unbequemer Zeitgenosse, der gerne und ausdauernd gegen den Strom schwimmt.

 

 

 

Preisträger Ulrich Eichelmann mit Dr. Dorette Staab, Stifterin des Preises

Preisträger Ulrich Eichelmann mit Dr. Dorette Staab, Stifterin des Preises


Naturzerstörung unter dem Deckmantel des Klimaschutzes

Der studierte Landespfleger arbeitete unter anderem 17 Jahre lang als Wasserexperte beim WWF Österreich. Er leitete die Kampagne Stop Ilisu gegen das Staudammprojekt Ilisu am Tigris in der Türkei. Für seinen Film „Climate Crimes − Umweltverbrechen im Namen des Klimaschutzes“ beschäftigten sich Eichelmann und sein Team mit dem rasanten Ausbau von Wasserkraft, Biogas und Biodiesel.

Der Bau immer neuer Staudämme und Wasserkraftwerke sei momentan die größte Bedrohung für die Flüsse, so Eichelmann in seiner Dankesrede. Die zumindest abschnittsweise noch intakten Flusslandschaften auf dem Balkan etwa sollen dem Bau von 2.000 neuen Kraftwerken geopfert werden. Weltweit würden über 100 Milliarden Dollar jährlich in den Neubau von Wasserkraftwerken investiert. Das sei Naturzerstörung im Namen des Klimaschutzes.

 

 

 


Bewerben oder Vorschläge einreichen

Die Bewerbungsfrist für den Wolfgang Staab-Naturschutzpreis endet immer zum 1. Oktober des Vorjahres. Interessierte können sich bewerben oder Vorschläge einreichen unter info@schweisfurth-stiftung.de.